Geht´s noch?
Die merkwürdigen Ansichten der Landtagskandidatin Rita Blümel über Pestizide
Die Äußerungen der Landtagskandidatin der CSU während einer Kandidatenbefragung am 10. Juli 2018 in Regensburg, die zudem Bezirksbäuerin der Oberpfalz ist, sind für diejenigen, die Frau Blümel kennen, nicht Neues aber immer wieder schockierend.
Als wir, also die Fraktion der Bürgerliste im Frühjahr dieses Jahres im Schierlinger Marktrat den Antrag auf ein Verzicht von Pestiziden auf kommunalen Flächen stellte, schien es als würden alle Fraktionen und die Verwaltung dem zuzustimmen, da dieser Antrag ohnehin nur einen symbolischen Charakter hatte. Allerdings nur bis zum Auftritt von Frau Blümel. Aufmunitioniert mit vorbereiteten Argumenten und Stellungnahmen des Bauernverbandes kippte sie in dieser Sitzung leidenschaftlich unseren Antrag, weil der Bürgermeister und seine CSU-Fraktion eingeknickt sind. Schon damals behauptete sie, es gäbe kein Insekten- und Artensterben, Pestizide, ins besonders Glyphosat, seien wissenschaftlich untersucht und deshalb nicht giftig. „Man müsse der Wissenschaft schon vertrauen und würde man auf die Pflanzenschutzmittel verzichten würden wir alle sofort verhungern“. Wer Monsanto, BASF und dem Bauernverband ein dermaßen unkritisches Vertrauen schenkt, muss einen tiefen Glauben besitzen.
Die deutschen Wasserversorger müssen seit den 1990er Jahren sehr viel Geld für den Bau von Aufbereitungsanlagen verwenden, damit sie gesundheitsgefährdende „Pflanzenschutzmittel“ wie Desethylatrazin, einem Abbauprodukt des im Maisanbau bis 1990 verwendeten Atrazin, aus unserem wichtigsten Lebensmittel Wasser wieder rausfiltern können. Welche Stoffe unser Wasser in Zukunft noch belasten werden, man hat hier Terbuthylazin in Verdacht, ist abzuwarten. Vielen Landwirte in den Wasserschutzgebieten wird sehr viel Geld bezahlt, damit sie bestimmte Spritzmittel eben nicht verwenden. Warum eigentlich, wenn diese Pestizide für Frau Blümel nicht giftig oder schädlich sind?
Ein weiters, immer größer werdendes Problem ist der steigende Nitratwert im Wasser. Der Grenzwert von 50mg/Liter ist von vielen Wasserwerken, vor allem da, wo Massentierhaltung betrieben wird, nicht oder kaum mehr einzuhalten. Eine Ursache ist die stickstoffhaltige Düngung in der mittlerweile industriell gewordenen Landwirtschaft. Neben Mineraldünger werden Gülle aus Mastställen oder Biogasanlagen auf den Feldern ausgebracht. Nitrat kann man jedoch nicht so ohne weiteres rausfiltern, dies ist technisch schwierig zudem würde es extrem teuer. Bezahlen muss diese vermeidbare Entwicklung der Bürger über hohe Wassergebühren. Unser Wasser ist deshalb durch die Landwirtschaft stark gefährdet. Das muss jedoch nicht sein. Selbst konventionelle Landwirtschaft kann verantwortlich bewirtschaften, wenn dies in Einklang mit der Umwelt geschieht. Der biologische Anbau ist ein Segen für die Verbraucher und die Umwelt. Leider gibt es zu wenige Biobauern, zudem wurde und wird teilweise vom Bauerverband der biologische Landbau belächelt. All diese Tatsachen sind selbst den CSU-geführten bayerischen Ministerien und Landesämtern bekannt. Auf Druck der Industrie und der starken Bauernverbände haben die Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer, Ilse Aigner, Hans Peter Friedrich und Christian Schmid, „zufällig“ allesamt bei der CSU, es versäumt eine vernünftige, von der EU geforderte Gülleverordnung zu erlassen. Die EU hat deshalb die Bundesrepublik ein weiteres Mal verklagt.
Die wissenschaftlich ausgebildeten Mitarbeiter und Berater in den zuständigen Ämtern, die sehr viel Überzeugungsarbeit betreiben, stoßen mit ihren Argumenten jedoch immer dann an ihre Grenzen, wenn sie Leuten wie Frau Blümel gegenüberstehen. Eine sachliche Diskussion ist dann nicht mehr möglich. Dies wäre genauso wie wenn man sich mit einem Kreationisten, der behauptet die Erde sei in sechs Tagen fix und fertig gewesen, über die Entstehung der Welt unterhalten würde.
Nach dem unwürdigen und politikschädigenden Verhalten von CSU-Chef Seehofer in der Asyldebatte und dem würdelosen Vorführen einer schwachen Kanzlerin liegt es bei uns Bürgern und Wählern, eine dermaßen unsinnigen Aussage einer Kandidatin der CSU in der Landtagswahl dementsprechend zu würdigen.
Hier können Sie den Artikel aus der Laberzeitung vom 11.07.2018 einsehen
Hier können Sie den veröffentlichten Leserbrief in der Laberzeitung vom 26.07.3018 einsehen