Brauchen wir ein Kommunalunternehmen?

Braucht Schierling ein Kommunalunternehmen?

Grundsätzlich sind ja Kommunalunternehmen nicht schlechtes. In großen Kommunen, wie den Städten, ist es ganz sinnvoll, den Betrieb der Stadtbusse, der Hallenbäder oder des Eisstadions einem eigenen Unternehmen zu übertragen. Der Stadtrat kann sich ja nicht um jede Kleinigkeit kümmern. Zudem ergeben sich meistens steuerliche Vorteile für das Unternehmen, jedoch nie für den Bürger. Auch sind Verkehrsbetriebe dann nicht an den öffentlichen Tarifvertrag gebunden und zahlen ihren Mitarbeitern wesentlich geringere Löhne. Allerdings sind es in der Regel keine Kommunalunternehmen sondern andere Rechtsformen, wie GmbH oder anderes privatrechtliches Gesellschaftsrecht.

 

Aber brauchen kleinere und mittlere Gemeinden, wie zum Beispiel Schierling, ein Kommunalunternehmen oder ist es nicht „normal“, wenn eine Gemeinde mit 7.500 Einwohnern die Aufgaben selbst erledigt?  Die Gemeinden sind im Rahmen der Daseinsvorsorge verantwortlich für die Abwasserbeseitigung, die Versorgung mit Trinkwasser, Straßen müssen gebaut werden, Kindergärten und Schulen wollen unterhalten werden. In Bayern gibt es 2.056 Gemeinden, davon sind etwa 1.600 vergleichbar mit Schierling. Die allermeisten Gemeinden haben kein Kommunalunternehmen und erledigen ihre Aufgaben mit der eigenen Verwaltung und die Entscheidungen trifft der Gemeinderat, wie sich das seit 200 Jahren bewährt hat. Die Bürger können sich in öffentlichen Sitzungen informieren oder in der Tagespresse den „Bericht aus dem Rathaus“ nachlesen. Die Gemeineräte sind das Verwaltungsorgan und entscheiden über alle Maßnahmen, obwohl die meisten Bürgermeister der irrtümlichen Meinung sind, sie regieren die Gemeinde. Tatsächlich bereiten sie nach der Gemeindeordnung „nur“ die Sitzungen vor und vollziehen abschließend die Beschlüsse des Gemeinderats. Diese traditionelle Verwaltung hat ein Maximum an Transparenz und unterliegt der öffentlichen Nachprüfbarkeit.

 

Das häufigste angeführte Argument für ein Kommunalunternehmen ist die Loslösung von den Vorschriften des nationalen Vergaberechts. Ohne die Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung –VOB- könne man bessere Ergebnisse für Bauleistung erzielen. Grundsätzlich müssen sich alle öffentlich rechtliche Körperschaften an diese Vorschrift halten, selbst private Auftraggeber, wenn sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Bei der „Erfindung“ und Einführung der Kommunalunternehmen 1997 haben die meisten Bundesländer klar auf das öffentliche Haushaltsrecht hingewiesen und damit gilt die VOB. Also müssen alle ausschreiben. Aber nicht in Bayern. Hier hat man diesen Hinweis bewusst oder unbewusst „vergessen“. Ergo: das Kommunalunternehmen braucht „mangels einer normativen Regelung“ bis zum Schwellenwert des EU-Rechts, z.B. 5 Millionen Euro für Bauleistungen, nicht ausschreiben.

 

Die Behauptung des Kommunalunternehmens, man habe für die gewaltige Investitionssumme von 4,5 Millionen Euro Angebote für die Erschließung des Gewerbegebiets „Birlbaum“ eingeholt, gut nachverhandelt und einen Haufen Geld gespart, ist zwar plakativ aber nicht beweisbar. Zum Einen bleibt uns das Kommunalunternehmen nachprüfbare Summen schuldig und zum anderen braucht man für diese unprofessionelle Behauptung eine Gegenrechnung: wie wär eine öffentliche Ausschreibung mit welchen Ergebnis abgelaufen? Nur so lässt sich ein Vergleich ziehen. Nicht umsonst hat der Gesetzgeber öffentliche Auftraggeber mit der VOB belegt. Es ist allemal ein für alle Seiten faireres und besseres Verfahren eine ordentliche Ausschreibung mit einer öffentlichen Angebotseröffnung durchzuführen und alle Anbieter gleich zu behandeln. Schon allein deshalb kann der Vorwurf der Mauschelei ausgeschlossen werden. Im Übrigen entbindet keine Vorschrift das Kommunalunternehmen von den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, von Wahrheit und Klarheit[1].

 

Das Kommunalunternehmen hat zur Finanzierung des Anlagevermögens Verbindlichkeiten in Millionenhöhe eingehen müssen. Dies hätte aber auch die Gemeinde tun müssen. Jedoch werden Verbindlichkeiten im Haushalt als Schulden aufgeführt. Das Anlagevermögen erscheint dagegen im kommunalen Haushalt nicht. Dementsprechend kann man sagen, dass Schulden vom Haushalt der Gemeinde ins Kommunalunternehmen umgelagert werden. Die vom Bürgermeister präsentierte Prokopf-Verschuldung ist deshalb irreführend, da die Gemeinde auch für diese Verbindlichkeiten haftet.

 

Das Kommunalunternehmen trifft seine Entscheidungen in nichtöffentlichen Sitzungen. Wie bei jedem Unternehmen müssen eine Eröffnungsbilanz und eine jährliche Folgebilanz mit Gewinn- und Verlustberechnung vorgelegt werden. Der Jahresabschluss, der Lagebericht, die Erfolgsübersicht und der Bericht über die Abschlussprüfung sind der Gemeinde zuzuleiten.[2] Das Kommunalunternehmen unterliegt der örtlichen wie der überörtlichen Rechnungsprüfung.[3] Nichts von alledem ist bisher vorgelegt worden obwohl das Kommunalunternehmen nun schon 3 Jahre besteht. Der Rechnungsprüfungsausschuss wurde nie zu einer Prüfung eingeladen. Seit Mai 2013 existiert ein Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands, der bis jetzt nicht vorgelegt wurde und wohl auch nicht vor der Kommunalwahl vorgelegt wird. Es ist schon verwunderlich, dass alle Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen werden aber es ist nicht hinnehmbar, keinen Überblick über das Unternehmen zu haben weil keine aussagekräftigen Wirtschaftsberichte vorliegen. Irgendwelche  Zahlen auf einer Excel-Tabelle, die man den Gemeinderäten zeigt, genügen nicht.

 

Das Kommunalunternehmen ist beileibe nicht kostenneutral:

 

· es besteht aus 2 Vorständen (Beamte der Gemeinde) sowie dem Bürgermeister (CSU) und neun Gemeinderäten als Verwaltungsrat, davon fünf aus der CSU-Fraktion. Der Vorstand erhält eine Pauschale, die Verwaltungsräte erhalten Sitzungsgeld,

 

  • · ob die Vorstände ihre Tätigkeit während der Dienstzeit als Beamte der Gemeinde erledigen und ob eine interne Kostenaufteilung stattfindet, ist nicht bekannt,

 

  • · es hat ein eigenes Buchhaltungssystem mit Buchungen, Bilanz und GuV Erstellung,

 

  • · jede Grundstücksbewegung muss notariell beurkundet werden auch gegenüber der eigenen Gemeinde

 

  • · es fallen Steuerberatungskosten, Prüfungs- und Abschlussprüfungskosten an,  Gebühren und Aufwendungen für Genehmigungen, Veröffentlichungen, usw. 

 

  • · das Kommunalunternehmen ist zwar vorsteuerabzugsberechtig allerding auch umsatzsteuerpflichtig, die Umsatzsteuer ist deshalb betriebsneutral, jedoch müssen aufwendige Umsatzsteuererklärungen abgegeben werden

 

Das Argument ein Kommunalunternehmen könne mehr sparen als die Gemeinde, verpufft schon bei dem zusätzlichen Aufwand, den das Kommunalunternehmen verursacht. Schon allein die Logik oder anders ausgedrückt: der gesunde Menschenverstand, sagt einem, dass ein zusätzliches Unternehmen nicht billiger kommt kann als gar keines. Selbst der Prüfungsverband kommt zur Ansicht: „Deshalb wie zur Wahrung der Transparenz empfehlen wir dem Markt, die Rechtsform des Kommunalunternehmens regelmäßig auf seine Eignung und Vorteilhaftigkeit hin zu überprüfen“ [4]. Viele Gemeinden haben ihren Ausflug ins Privatrecht bereut und haben die Kommunalunternehmen wieder aufgelöst.

 

 Fazit:

 

Das Kommunalunternehmen ist überflüssig. Es ist weder transparent für die Bürger und die Gemeinderäte noch ist es wirtschaftlicher als die Gemeinde. Das unbekannte Handeln verunsichert die Bürger und weckt tiefes Misstrauen gegenüber der Verwaltung, zudem spaltet es die Bürgerschaft. Der Bürgermeister und der Gemeinderat sollten jetzt die Notbremse ziehen und das Kommunalunternehmen wieder auflösen. Das Vermögen muss zurückgeführt werden und der gesamte Gemeinderat muss wieder Herr des Handelns werden. Die Bürgerliste wird sich dafür einsetzen, ob es gelingt darf angesichts der Mehrheit der CSU bezweifelt werden.

 

 



[1] § 9 Abs. 1 der Unternehmenssatzung

[2] § 9 Abs. 2

[3] § 9 Abs. 3

[4] Bericht über die überörtliche Rechnungsprüfung 2008 bis 2011, TZ 31, Seite 42

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