Positionspapier: Biogasanlage
Die Ausgangssituation
Erneuerbare Energie
Für eine zukunftsfähige Energieerzeugung ist die Einsparung von Energie die wichtigste „Energiequelle“. Erneuerbare Energien können bei Erschließung der immensen Energieeinsparpotenziale einen wichtigen Beitrag zu einer Energieerzeugung ohne Atomkraft oder fossiler Energie leisten. Wer die Energiebereitstellung aus nachwachsenden Rohstoffen nur als Substitution für ungebremsten Energieverbrauch versteht, verkennt, dass nicht die Endlichkeit der Vorräte an fossilen Brennstoffen das entscheidende Problem ist, sondern der weltweit steigende CO2–Ausstoß mit den schädlichen Auswirkungen auf Klima und Umwelt.
Infolge einer in der Regel besseren CO2-Bilanz gegenüber den fossilen Energieträgern ist die Energienutzung der Biomasse neben dem massiven Ausbau der regenerativen Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Geothermie alternativlos. Dabei kann Biogas aufgrund der vergleichsweise geringen Energieausbeute pro Fläche gegenüber anderen regenerativen Energieträgern langfristig nur eine untergeordnete Rolle einnehmen, so ist zum Beispiel der Energieertrag einer Photovoltaikanlage – bezogen auf die konsumierte Fläche – mehr als 10x so hoch. Die Nutzung von Biomasse aus Landwirtschaft, Grün- und Biotoppflege muss ökologischen Kriterien entsprechen. Als Energieträger in Biogasanlagen sollten bevorzugt Abfall- Produkte für die energetische Nutzung verwendet werden.
Die Landwirtschaft – Sachlichkeit statt Neiddiskussion
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist ein dringliches Problem für den ländlichen Raum. Gab es in Bayern 1949 noch 391.000 landwirtschaftliche Betriebe über zwei Hektar, so sind es heute nur noch rund 131.000. Im Landkreis Regensburg hat sich die Anzahl der Betriebe innerhalb der letzten 30 Jahre mehr als halbiert. Die Größe der Betriebe hat im gleichem Maße zugenommen. Die Landwirtschaft befindet sich in einem tiefen Umbruch. Großen Erfolgen in der Produktivitätssteigerung auf der einen Seite stehen Preisdumping, zahlreiche Betriebsaufgaben sowie ökologische Probleme gegenüber. Die gegenwärtige Situation ist für die soziale Lage der landwirtschaftlichen Familien, für die Volkswirtschaft und für die Umwelt mit hohen Belastungen verbunden. Erlöse werden globalisiert; Kosten hingegen werden regionalisiert. Diese Entwicklung zieht ökonomische und soziale Probleme mit sich.
Durch die langfristige wirtschaftliche Entwicklung ist die Landwirtschaft vom dominierenden Wirtschaftszweig zu einem ökonomisch schwachen Sektor geworden. Analog zur produzierenden Industrie besteht ein Trend zur Modernisierung und zur Konzentration der Betriebe. Im Verlauf dieser Entwicklung verändert sich zunehmend die Produktionsweise. Um dem ökonomischen Druck Stand zu halten werden Landwirte zur Mechanisierung, zum Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide, zur maschinengerechten Vergrößerung der Feldschläge, zur Ausnutzung auch noch der letzten Produktionsreserven, zur Spezialisierung ihrer Produktion gedrängt.
Ein weiteres Problem sind die steigenden Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel bei sinkenden oder stagnierenden Erzeugerpreisen. Dies führt zu geringeren Betriebseinkommen. So bleiben den meisten Landwirten nur wenige Möglichkeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Folge: Entweder sie geben ihren landwirtschaftlichen Betrieb auf oder sie steigern die Produktion. Die große Zahl der Betriebsaufgaben ist Zeugnis einer existenziellen Not.
Durch den gravierenden Einkommensrückgang prüfen viele Landwirte, ob Biogaserzeugung ein lohnendes Geschäftsfeld sein kann. Aufgrund der hohen Investitionskosten, ist es für kleinere landwirtschaftliche Betriebe und solche, die mit Problemen des Fortbestehens zu kämpfen haben, in der Regel keine Möglichkeit, ihr Unternehmen zu retten. Zunehmend werden durch Investoren Großanlagen gebaut. Für Landwirte, die über zu geringe finanzielle Mittel verfügen eine eigene Biogasanlage zu errichten, bieten diese Anlagen die Möglichkeit Einkommen zu erwirtschaften, indem sie Rohstoffe an die Betreiber dieser Anlage liefern. Jedoch verringert sich dadurch die Wertschöpfung der Landwirte.
Eine Alternative könnten regionale Zusammenschlüsse von Landwirten, die durch die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen ihre Unabhängigkeit von externen Investoren bewahren, sein.
Die Kommune
Biogasanlagen sind dezentrale Anlagen, so profitieren neben den Anlagenbetreibern auch die daran beteiligten Personen und die Kommune. In Zeiten sinkender Gewerbesteuereinnahmen sorgen Biogasanlagen für stabile und kalkulierbare Einnahmen. Durch die Einbindung regionaler Handwerker und Dienstleister bei Planung, Bau und Betrieb der Biogasanlagen bleibt Kapital, das andernfalls bei fossilen Energien ins Ausland wandert, in der Region und stärkt dabei die Wirtschaft im ländlichen Raum. Regionales Handwerk bedeutet regionale Arbeitsplätze, Gewerbesteuer und Kapital in der Region.
Die öffentliche Akzeptanz
Immer mehr Deutschen stinkt der Biogasboom. Die Anwohner fürchten Verkehr, Lärm, Gestank und den Wertverlust ihrer Immobilien.
In den Mischgebieten auf den Dörfern sinkt zunehmend die Akzeptanz für die Landwirtschaft und das Misstrauen gegen die Biogasindustrie ist groß. Generell ist die Zustimmung für Biogasanlagen nur so lange gegeben, wie die Anlagen weit entfernt errichtet werden. Was Windparkbetreiber seit Jahren kennen, widerfährt jetzt auch den Biogasproduzenten und das Konfliktpotenzial wächst. Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent steigern. Strom und Wärme aus Biogas spielen bei diesem Konzept eine wichtige Rolle.
Position der Bürgerliste
Die Bürgerliste Schierling steht dem Thema Biogasanlage differenziert gegenüber. Die Bürgerliste erkennt die Notwendigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe nach weiteren Einnahmequellen. Den Potentialen für die Landwirtschaft stehen ökologische und soziale Risiken entgegen.
Im Energiepflanzenanbau dominieren nach wie vor ertragreiche Arten, die die Landwirte kennen und für die sie über die Erntetechnik verfügen und die ggf. noch anderweitig im Betrieb genutzt werden können. Wegen der massiven Auswirkungen für die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit, von Erosionsproblemen und einer merklichen Minderung der Artenvielfalt in der Agrar- und Auenlandschaft, ist aus unserer Sicht die einseitige Ausrichtung auf Mais als Substrat problematisch. Insbesondere in den Überschwemmungsgebieten in der Aue sind diese Umstände nicht hinnehmbar.
Es ist zu erwarten, dass sich der Trend zum Maisanbau auch in Schierling fortsetzt, wenn administrativ nicht gegengesteuert wird. Auch wenn der potentielle Betreiber versichert hat, die Verwendung von Mais auf 30% des verwendeten Substrates zu beschränken und auf den Anbau von gentechnisch verändertem Material zu verzichten, fordern wir eine rechtlich verbindliche Grundlagen zu schaffen, um die Kriterien für einen umweltverträglichen Energiepflanzenanbau festzulegen.
Nachwachsende Rohstoffe bieten Potenziale, die Vielfalt unserer Agrarlandschaft zu erweitern und die überwiegend engen landwirtschaftlichen Fruchtfolgen aufzulockern. Die Palette der Energie- und Rohstoffpflanzen ist groß.
Abwechslungsreiche Fruchtfolgen bieten viele Vorteile:
- mehr Boden- und Pflanzengesundheit
- Vorteile bei voraussichtlicher Klimaveränderung mit trockeneren und wärmeren Sommern
- abwechslungsreicheres Landschaftsbild und Akzeptanz in der Bevölkerung.
Die oft geäußerte Behauptung, dass privilegierte (bäuerliche) Anlagen weniger Risiken aufweisen, wird von der Bürgerliste nicht geteilt. Ein Bioreaktor ist kein Feierabendhobby; er bedarf der ständigen Aufsicht. Qualifiziertes Fachpersonal und standardisierte Wartungspläne können nur von erfahrenen Betreibern bereit gestellt werden. Die negativen Auswirkungen auf die Fruchtfolge entsprechen den der industriellen Anlagen.
Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht. Die oft geäußerte Befürchtung, dass das gesamte Verkehrsaufkommen durch eine Biogasanlage steigt – es wird von jährlich 7000 zusätzlichen Fahrten, die zudem von immer größeren Schleppern durchgeführt werden, gesprochen – wird von der Bürgerliste nicht geteilt.
Bei den landwirtschaftlichen Verkehren handelt es sich nicht um Neuverkehre, da keine neuen Anbauflächen hinzukommen und im Schierlinger Raum durchaus bereits jetzt eine intensive Landwirtschaft betrieben wird. Die Rohstoffe werden auf den Flächen produziert, auf denen die Landwirtschaft sonst andere Produkte anbauen würde. Das integrale Verkehrsaufkommen wird daher kaum beeinflusst. Allerdings werden durch eine Biogasanlage die Verkehrsströme auf das Gebiet der Biogasanlage zentriert, d.h. auf den direkten Anfahrtswegen wird das Verkehrsaufkommen merklich steigen.
Die Argumentation, dass in den Wohngebieten Antonileitn und Markstein der landwirtschaftliche Verzehr zunehmen solle, teilt die Bürgerlist nicht.
Um die ökologischen Risiken zu minimieren plädiert die Bürgerliste für
- Verzicht auf Grünlandumbruch und Grünlandintensivierung in der Auenlandschaft
- Verzicht auf eine frühere Mahd in den FFH Gebieten
- Verzicht auf den Anbau gentechnisch veränderter Organismen
- einer Beschränkung auf ein Maximum an Mais als Energieträger
- Verpflichtung zu Untersaaten im Maisanbau
- Verzicht auf eine Erhöhung des Pestizid- und Düngereinsatzes
- Einsatz von Biomasse aus der Landschaftspflege
- Entfernungs-Beschränkung der Anfahrtswege für die Anlieferung
Im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung würde die Bürgerliste jedoch die Beteiligung der Schierlinger Landwirte oder des Kommunalunternehmens an der Betreibergesellschaft begrüßen. Der alleinige Betrieb der Anlage durch institutionelle Anleger wird als problematisch betrachtet, da die regionalen Belange sowie die regionale Wertschöpfung dem wirtschaftlichen Erfolg des Betreibers untergeordnet werden.
Die Bürgerliste lehnt eine Biogasanlage in Schierling, sofern unsere Auflagen berücksichtigt werden, nicht kategorisch ab. Dennoch sieht die Bürgerliste eine stetig sinkende Akzeptanz für eine Biogasanlage in der Bürgerschaft der Gemeinde Schierling. Die Bürgerliste ist angetreten den Bürgerwillen in der Marktgemeinde zu vertreten. Daher plädieren wir, dass die Entscheidung, ob eine Biogasanlage in Schierling gebaut werden soll, in einem Ratsbegehren (also von der Bürgerschaft direkt) entschieden werden soll.
Die Bürgerliste wird sich dafür einsetzen, dass in einer zweiten Frage auch unsere ökologischen Forderungen zur Abstimmung gebracht werden.
Ein Kompromiss ist nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn alle Parteien damit gleich unzufrieden sind. (Henry Kissinger (*1923), amerik. Politiker, 1973 Friedensnobelpr.)