Grundschulabitur und Hauptschulsterben
GEW Bayern
Grundschulabitur und Hauptschulsterben
„Die Änderungen beim Übertritt von der Grundschule an Realschulen und Gymnasien haben den Auslesedruck verschärft statt ihn zu reduzieren“, resümiert Gele Neubäcker, Vorsitzende der GEW Bayern.
Laut Kultusministerium können mögliche Bildungswege nun „bereits am Ende der Jahrgangsstufe 3 reflektiert werden.“ Am 22. Juli verkündete das KM, dass in der 4. Klasse allein in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht von September bis April 22 Probearbeiten zu schreiben seien, „ein nicht zu unterschreitender Richtwert“. Am 20. Oktober ruderte der Kultusminister zurück. Jetzt stellt die Zahl 22 „eher die Obergrenze dar“.
Ob die Zeit von Mai bis Juli „probenfrei“ bleiben soll, oder ob die Kinder 30 und mehr Arbeiten schreiben sollen, bleibt offen.
Probearbeiten sind laut KM in der 4. Klasse mindestens eine Woche vorher anzukündigen, „um den Kindern die Möglichkeit zu geben, sich sinnvoll vorzubereiten. Dies reduziert den Leistungsdruck.“ In den Klassen 2 und 3 dagegen dürfen Probearbeiten nicht angekündigt werden. Da stellt sich die Frage, ob die „Kleinen“ keine Möglichkeit brauchen, sich sinnvoll vorzubereiten, sondern Leistungsdruck!
Neubäcker dazu: „Ich gehe davon aus, dass es KM Spaenle ein echtes Anliegen ist, den Auslesedruck zu reduzieren. Ich erwarte jetzt aber, dass er endlich zur Kenntnis nimmt, dass die getroffenen Maßnahmen genau das Gegenteil bewirken. Es ist derzeit gerechtfertigt, vom „Grundschulabitur“ zu sprechen.
Die einzige wirksame Sofortmaßnahme, die wirklich Druck aus der Grundschule nehmen könnte, ist, die Wahl der Schulart den Eltern zusammen mit ihren Kindern zu überlassen, begleitet von einer qualifizierten Beratung durch die Schulen!“
Die Kinder, die nach der Grundschule an die Hauptschule wechseln, trifft es hart. Sie werden zu Versuchspersonen einer von vorn herein zum Scheitern verurteilten Reform.
Seit mehr als 10 Jahren jagt ein „letzter“ Versuch, die Hauptschule zu retten, den anderen. Jetzt soll der neue (uralte) Name „Mittelschule“ die Agonie der Schulart verlängern. Sog. M-Klassen in den Jahrgansstufen 7 bis 9 – einst als Erfolgsmodell gefeiert – wird es nicht mehr geben. Geplante Schulverbünde werden dazu führen, dass Kinder und Jugendliche viel Zeit in überfüllten Bussen verbringen und verlieren, obwohl bekannt ist, dass solche Fahrten weder die Lernbereitschaft noch die Konzentrationsfähigkeit fördern. Auf die Schulträger kommen deutlich höhere Kosten zu.
Neubäcker: „Lernen sollen die Schülerinnen und Schüler v. a. das, was sie für eine spätere Tätigkeit brauchen. Die Hauptschule verkommt zu einer Zulieferschule für Industrie und Handwerk. Von Bildung um ihrer selbst willen, von musischer Bildung, von der Vermittlung von Kompetenzen, die helfen, die Welt zu verstehen, ist nirgends die Rede. Dies kann als menschenverachtende Politik interpretiert werden.
Wirfordern das KM und die Politik auf, endlich zu akzeptieren, dass das an der Gesellschaft vergangener Jahrhunderte orientierte bayerische Schulsystem keinen Platz in einer modernen Demokratie hat – und Konsequenzen daraus zu ziehen. Die Lösung ist eine inklusive Schule für alle Kinder in ihrem Wohnumfeld, in dem jedes Kind in seiner Würde und Persönlichkeit willkommen ist und gut gefördert wird!“