Interview in der TAZ

Bayern und Baden-Württemberg sind die selbsterklärten Klassenbesten in Deutschland. Nirgends ist das Leben so lebenswert wie in Süddeutschland. Das Paradies hat einen Namen: Bayern! (aus badischer Sicht natürlich: Baden-Württemberg!). Selbst ehemalige Lichtgestalten und nun unliebsam gewordene Ministerpräsidenten werden gemeinsam in Brüssel entsorgt. In der PISA-Studie ist Bayern immer das beste Bundesland (gewesen). Wäre da nicht Sachsen. Bayern und BWB bilden die Felsen in den anbrandenden Erneuerungen der Schulsysteme. Was für den Rest der Welt gut genug ist, taugt nichts für Bayern. Manchmal hat man/frau das Gefühl die Konfessionsschulen mit der Geschlechtertrennung werden wieder eingeführt. In jeder neuen Legislaturperiode kommt eine vermeintliche neue Reform, was nichts anderes ist als alter Wein in neuen Schläuchen. Diesmal heißt die Luftblase „Die Bayerische Mittelschule“. Davon demnächst an anderer Stelle mehr.

Ich möchte euch folgendes Interview nicht vorenthalten, um den Eindruck zu entkräften, nur in Bayern gäbe es merkwürdige Kaberettisten:  

  Im Original hier in der TAZ zu lesen.

  Interview Kultusminister Helmut Rau

„Die UN kann uns nichts vorschreiben“

Nicht jeder taugt fürs Abitur, sagt Baden-Württembergs Kultusminister Helmut Rau. Er ist dagegen, Sonder- und Hauptschulen aufzulösen.

In Baden-Württemberg wird schon in jungen Jahren entschieden, ob ein Schüler später einmal die Chance bekommt, zum Abitur zugelassen zu werden.  

taz: Herr Rau, wieso verstellen Sie sich eigentlich?

Helmut Rau: Ich glaube, es gibt keinen Authentischeren als mich.

Sie sind intelligent, schlagfertig – aber als Kultusminister verteidigen Sie ein Konzept von Schule, das 150 Jahre alt ist.

Wir haben in Baden-Württemberg eine sehr gute zeitgemäße Entwicklung des Schulwesens, die hohe Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit gewährleistet und Schulen viel Raum für eigenständige Schulentwicklung lässt.

Helmut Rau, 59, zählt zu den härtesten Befürwortern einer gegliederten Schule – und zu den witzigsten. „Der Kämpfertyp mit dem Schnauzbart kann kräftig austeilen“, schrieb die Schwäbische Zeitung über den Präsidenten des Bundes Deutscher Blasmusikverbände, der auch gerne Waschbrett spielt. Rau engagierte sich früh für verfolgte Schriftsteller in der DDR, so zum Beispiel für Erich Loest. Rau ist verheiratet und hat zwei Söhne.   

 

Handwerkskammertag, Hauptschulrektoren und viele Bürgermeister sind da ganz anderer Meinung. Die sagen: Die dreigliedrige Schule ist nicht mehr zeitgemäß.

Ich laufe nicht irgendeiner Kritik nach, sondern habe gute Argumente für ein Konzept, das bei der Durchlässigkeit besonders erfolgreich ist. 50 Prozent eines Jahrgangs in unseren Schulen erlangen die Studienberechtigung.

Aber Sie haben in den Hauptschulen 40 Prozent Risikoschüler. Finden Sie es akzeptabel, dass vier von zehn Hauptschülern auf dem Niveau von Grundschülern lesen?

Das ist sicher eine besondere Herausforderung. Wir helfen den Risikoschülern aber nicht, indem wir einfach eine Schulart abschaffen.

Das stimmt nicht. Schauen Sie sich in anderen Bundesländern um, die fusionierte Haupt- und Realschulen haben. In diesen integrierten Schularten gibt es deutlich weniger Risikoschüler.

Wir haben Hauptschulen, die nach wie vor den Anspruch erheben, dass die Schülerinnen und Schüler weiterführendere Bildungsabschlüsse erwerben, was sie in der Tat auch tun. 45 Prozent unserer Hauptschüler machen eine mittlere Reife.

Das heißt, die sind an der Hauptschule falsch, oder?

Nein, diese Form der Sortierung nehme ich nicht vor. Ich glaube, dass zu einer bestimmten Zeit im Laufe einer Bildungsbiografie Entscheidungen über den nächsten Schritt getroffen werden müssen. Und keine Station darf eine Sackgasse sein. Nur 50 Prozent der Studienberechtigungen werden an allgemeinbildenden Gymnasien erworben, die andere Hälfte gelangt auf anderen Wegen dazu.

Spräche das nicht dafür, die Schüler länger gemeinsam zu fördern, als sie nach der vierten Klasse erst einmal Umwege nehmen zu lassen?

Die Frage, ob jemand nach der vierten oder sechsten Klasse auf eine weiterführende Schule geht, führt in die Irre. Mit zwölf Jahren, wenn die Kinder am Anfang der Pubertät stehen, ist das ein denkbar schlechter Zeitpunkt für eine Umstellung. Die Perspektive für das längere gemeinsame Lernen sehe ich in unseren Bildungshäusern für Drei- bis Zehnjährige.

Nehmen wir einmal an, ich bin ein 12-jähriger Schüler in Ihrem Schulsystem. Erklären Sie mir, warum ich mit meinen Freunden zusammen Fußball spielen darf, aber nicht lernen.

Das Fußballspiel ist Freizeit und Vergnügen, da geht es nicht darum, dass du bestimmte Lebenschancen verwirklichst. In der Schule geht es darum, dich nach allen Kräften zu unterstüzten, damit du später ein selbstbestimmtes Leben führen kannst. Und die Wege, die wir anbieten, sind offen und vielfältig.

Mit einem reduzierten Stundenplan in der Hauptschule.

Wir haben keine reduzierten Stundenpläne, sondern an den Hauptschulen sogar zehn Poolstunden für jeden Zug eingesetzt. Das haben die anderen Schularten gar nicht.

Trotzdem laufen Schüler und Eltern in Scharen Ihrer Superschule davon.

Die Eltern wollen eine Schule, die auf direktem Weg zur mittleren Reife führt. Deshalb entwickeln wir die Hauptschule zur Werkrealschule weiter.

Wozu braucht der Technologie-Riese Baden-Württemberg eine Schulform, die praktische Fähigkeiten stärkt?

Es ist wichtig, beides zu stärken. Wir haben Förderkonzepte, die Deutsch- und Mathekenntnisse ausbauen und die Ausbildungsreife der Jugendlichen stärken, indem wir möglichst viele Elemente beruflicher Qualifaktion anbieten.

Die meisten Berufe erfordern aber eine höhere Qualifikation.

Nicht alle Schüler sind in der Lage, die mittlere Reife oder das Abitur zu machen. Jeder Abschluss hat aber seinen Wert.

Es gibt viele Eltern, die wollen mehr integrative Schulen, die möglicherweise direkt zum Abitur führen. Es gibt auch Bürgermeister, die integrative Schulen einrichten wollen. Ihr Ministerium aber genehmigt nicht. Warum?

Es kann nicht jeder sein eigenes Schulsystem erfinden. Ich würde damit den Wert des bestehenden Systems aushöhlen.

Sie haben Angst, dass integrative Schulen erfolgreich sein könnte.

Nein, ich habe keine Angst davor, aber ich könnte keine Übergänge gewährleisten und keine Anschlüsse. Ich fand es sehr aufschlussreich, dass für unser ausgeschriebenes Modell zur Kooperation zwischen Haupt- und Realschulen sehr wenige Anträge eingegangen sind. Bei uns macht die Gemeinschaftsschule keinen Sinn, weil das differenzierte Schulwesen großen Rückhalt in der Bevölkerung hat und sehr gute Ergebnisse bringt. Deshalb bin ich nicht in der Not, parallel ein Einheitsschulsystem aufzubauen.

Sie schließen lieber Schulstandorte und fahren die Schüler mit Bussen kilometerweit durch die Gegend.

Wir lösen die erfolgreichen Bildungskonzepte nicht auf, damit man in den Dörfern möglichst kleine, schnuckelige Schulen bewahrt. Im Gegenteil. Wir haben unser System weiterentwickelt und mit der Werkrealschule eine moderne Schulart geschaffen, die zukunftsfähig ist.

Warum gehen in den Kommunen so viele Schulen ein?

Weil die Schülerzahlen zurückgehen, gerade auf dem Land.

Über die Hälfte der 1.200 Hauptschulen sind einzügig. Werden die geschlossen?

Da wage ich keine Prognose. Aber es ist klar, dass es in diesem Prozess des Umbruchs zur Schließung von Schulstandorten kommen wird. Wir können nicht mehr in jeder Kommune eine weiterführende Schule haben. Das ist heute schon nicht so.

In Emmendingen gelingt es einer Waldorfschule, Behinderte in den Unterricht zu integrieren. Ihre Verwaltung hat versucht, ihr den Integrationsstatus wegzunehmen. Warum?

Das war ein Schulversuch. Für diese Schule sind außerordentliche Rahmenbedingungen geschaffen worden. Die Schule darf selbstverständlich weiterhin behinderte Kinder aufnehmen, aber zu geänderten Bedingungen. Die Schule hat von den Modellbedingungen sehr profitiert.

Ist doch klar, dass es mehr Geld kostet, behinderte Kinder in den Unterricht zu integrieren?

Wir haben eine exzellente sonderpädagogische Förderung, die materiell unglaublich stark ausgestattet ist. Jetzt kommt es darauf an, diese sonderpädagogische Förderkompetenz an allgemeine Schulen zu transferieren.

Sie haben aus dem Fall gelernt und die Sonderschulpflicht aufgehoben. Was heißt das konkret?

In Baden-Württemberg werden mittlerweile 29 Prozent der behinderten Kinder an allgemeinen Schulen unterrichtet. Diese Quote wollen wir weiter ausbauen. Daran arbeitet ein Expertenrat, den ich neu berufen habe.

Könnte ich also mein Kind in die Schule meiner Wahl schicken, wenn es behindert ist?

Nein. Ein runder Tisch, an dem Lehrer, Experten und Sie selbst als Eltern sitzen, erarbeitet Empfehlungen. Die Eltern haben dann das Entscheidungsrecht.

Sie sind sich im Klaren, dass das ein Verstoß gegen die Würde des Menschen ist.

Warum?

Es gibt ein Recht auf Bildung in der UN-Konvention – die auch Sie unterzeichnet haben.

Das allgemeine Recht auf Bildung wird dadurch erfüllt, dass ich Kindern die bestmögliche Förderung ermögliche.

Die UN-Konvention sieht aber vor, dass jedes Kind das Recht auf eine allgemeinbildende Schule hat – und keine Schule zugewiesen bekommt.

Die UN kann uns keine Vorschriften über die Umsetzung der Grundsätze machen. Dafür sind wir verantwortlich.

Warum bevormunden Sie andere Menschen, indem Sie deren Kinder ohne Einverständnis fremdbegutachten lassen – und in Sonderschulen stecken?

Warum nennen Sie Unterstützung und Entscheidungshilfen Bevormundung? Sie sind auf dem Holzweg. Sie als Elternteil können entscheiden, wir geben Lernortempfehlungen.

Nein, Sie sollen ein inklusives Schulsystem schaffen!

Es ist ein inklusives Schulsystem.

Sie müssen also nicht die Rahmenbedingungen an allen Regelschulen so ändern, dass Inklusion überall möglich ist?

Mein Ziel ist, dass jedes behinderte Kind eine möglichst gute schulische Laufbahn durchmachen kann und wir in allen Bereichen die Möglichkeit haben, bestimmte Lernorte in allgemeinen Schulen und sonderpädagogischen Förderzentren anzubieten.

Bis 2015 will die Bundesregierung 10 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt in Bildung und Forschung investieren. Ist das zu schaffen?

Um den Anteil der Bildungsausgaben zu steigern, müssen sich Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam anstrengen. Wir haben in Baden-Württemberg eine Steigerung der Bildungsausgaben um 530 Millionen Euro. Das ist nicht schlecht.

Bedauern Sie, dass es Bund und Ländern verboten ist, im Schulbereich zusammenzuarbeiten?

Ich weiß nicht, was das Kooperationsverbot soll. Ich habe kein Problem damit zu kooperieren. Ein Kultusminister muss jedes Geld nehmen, das er kriegen kann.

INTERVIEW: ANNA  

 

Trinkwasser und Biogasanlagen

 Im Nachschlag zu unserer Diskussion über die auf Eis gelegte Biogasanlage in Schierling ein interessanter Aufsatz von Dr. Robert Feierabend zum Thema Biogasanlagen und Trinkwasserschutz

 

 Der Anbau von Energiepflanzen und seine Auswirkungen auf den Gewässerschutz

 

Seit einiger Zeit rückt in den Industrieländern, aber auch in den sog. Schwellenländern (z.B. Brasilien) der Anbau von Pflanzen zur Energiegewinnung immer stärker in den Vordergrund. Auslöser hierfür scheint vor allem das Bestreben zu sein, mit Hilfe nachwachsender Rohstoffe eine Alternative zu den begrenzten Energieträgern wie Erdöl und Erdgas zu schaffen. Weiterhin bekommen diese Rohstoffe noch besonderes Gewicht, weil durch ihre Verwertung bzw. Verbrennung der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids nicht erhöht wird, sieht man einmal ab von der Energie, die für ihre Gewinnung und Verarbeitung benötigt wird. Das kommt daher, dass der in ihnen gespeicherte Kohlenstoff aus der Assimilation von Kohlendioxid durch die Pflanzen herrührt. Und das Kohlendioxid wird bei diesem Prozeß ja aus der Atmosphäre entnommen.

 

Beispiele für die Nutzung pflanzlicher Rohstoffe zur Energiegewinnung sind die bekannte Herstellung von Biodieselkraftstoff aus Rapsöl, die Gewinnung von Ethanol als Kraftstoffzusatz aus Zuckerrohr und Zuckerrüben sowie die Herstellung von Biogas aus Pflanzenmaterial und biologischen Abfällen. Auch die Gewinnung von Verbrennungsenergie aus Getreide wird schon in Erwägung gezogen, ist aber wegen ethischer Bedenken umstritten, handelt es sich doch hier um die Nutzung eines direkten Nahrungsmittels für diese Zwecke.

 

Mittlerweile hat sich der finanziell geförderte Anbau von Pflanzen für die Energiegewinnung als lukrativ für die Landwirtschaft erwiesen, so dass bereits die Sorge auftaucht, dass es zu einem verminderten Angebot von Produkten aus Nahrungspflanzen und damit verbunden zu Preissteigerungen kommen könnte. Neben einer möglichen Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion kommt damit auch die Wiedernutzbarmachung stillgelegter Flächen und Brachen in die Diskussion.

 

In Deutschland betrug die Gesamtfläche für den Anbau nachwachsender Rohstoffe im Jahr 1998 ca. 0,5 Mio. ha, sie stieg bis 2006 auf 1,6 Mio. ha. Für 2030 wird eine Erweiterung aus 3-4 Mio. ha erwartet. Das entspricht etwa einem Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Hauptkulturen sind dabei Raps, Bioenergie-Mais, Sonnenblumen, aber auch Gräser. 5 Mrd. m³ Biogas zur Erzeugung von Strom und Wärme standen 2006 in Deutschland zur Verfügung.

 

Wie man sich leicht ausrechnen kann, steht bei der Gewinnung von Energiepflanzen nicht unbedingt die Qualität, sondern vorrangig die erzeugte Biomasse im Vordergrund. Ein Grund mehr, mit hohen Düngergaben und durch Einsatz von Pflanzenschutzmitteln den Ertrag zu steigern. Hier resultiert als erste Maßnahme für den Schutz von Oberflächen- und Grundwasser, einen erhöhten Eintrag von Nährstoffen, insbesondere von Stickstoff- und Phosphorverbindungen, und von Pflanzenschutzmitteln zu verhindern.

 

Ein anderes Problem erwächst aus der Verwertung der Abfallprodukte aus der Biogaserzeugung durch Vergärung von biologischem Material. Dieser Vorgang ist bekannt aus  der Faulgaserzeugung in den Kläranlagen oder aus der Vergärung von Gülle. Wie auch hier entsteht bei der Umwandlung von pflanzlichem und anderem biologischen Material neben dem Energieträger Biogas, im wesentlichen in Form von Methan, ein gülleähnliches Abfallprodukt, das einer Verwertung bedarf. Es dürfte wohl klar sein, wenn man sich die in der Vergangenheit aufgetretenen und noch heute aktuellen Probleme bei der Verwertung von Klärschlamm und Gülle vor Augen hält, dass mit der umweltverträglichen Beseitigung der Gärrückstände aus der Energiepflanzenverwertung neue Aufgaben anstehen. Es bleibt vermutlich als Hauptweg nur ihre Rückführung in die Landwirtschaft. Damit ergibt sich auch die Forderung, den Eintrag von Stoffen, die die Gewässer belasten, durch entsprechende Maßnahmen und gesetzliche Regelungen einzudämmen.

 

Gärrückstände können gewässerschädliche Bestandteile enthalten (erhöhte Nährstoffgehalte, aber auch Schwermetalle, organische Schadstoffe und mikrobiologische Belastungen). Ein Schadstoffeintrag ist vor allem zu befürchten, wenn so genannte Kosubstrate neben den pflanzlichen Anteilen in den Gärprozeß eingeschleust werden. Das können z.B. Siedlungsabfälle, Speisereste, Schlachtabfälle, Altfette, und Substrate aus der biotechnischen Pharmaproduktion sein. Die dabei anfallenden Gärrückstände sind nach dem Düngemittelgesetz Sekundärrohstoffdünger und unterliegen dem Abfall- und Tierseuchenrecht.

 

Der DVGW fordert daher im Interesse des Gewässerschutzes u.a., dass

  • durch den Anbau von Energiepflanzen die Wasservorkommen nicht zusätzlich durch Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel belastet werden,
  • die durch die Extensivierung der Landwirtschaft erzielten Fortschritte nicht wieder zunichte gemacht werden und der Umbruch von fakultativem Grünland und mehrjähriger Brachen vermieden wird,
  • die Ausbringung der Gärrückstände durch ein Gütesystem geregelt wird,
  • die Ausbringung pflanzenbedarfs- und standortgerecht erfolgt und entsprechend dokumentiert wird,
  • die Ausbringung bedenklicher Gärrückstände untersagt wird,
  • in sensiblen Gebieten (Trinkwasserschutzgebieten, Einzugsgebieten von Wassergewinnungsanlagen, Karstgebieten) Gärrückstände aus Biomasse mit Kosubstraten nicht ausgebracht werden dürfen.

 

Es muß der Grundsatz gelten:

„Vom Anbau der Energiepflanzen und von der landwirtschaftlichen Verwertung von Gär-Rückständen dürfen keine zusätzlichen Belastungen für die Gewässer ausgehen.“

 

Ein positiver Effekt für die Wasserversorger könnte sich allerdings dann ergeben, wenn es gelänge, in nitratbelasteten Wassereinzugsgebieten durch entsprechende Fruchtfolgen mit Energiepflanzen die Brachezeiten auf den Ackerflächen zu verringern. Durch den Abtransport der Ganzpflanzen für die Energiegewinnung würde die Mineralisierung der Pflanzenreste und damit die Stickstoffrückführung auf dem Feld weitgehend entfallen mit dem Ergebnis, dass weniger Nitrat über den Herbst-Winter-Zeitraum in den Boden gelangt.

Gesamtörtlichen Entwicklungskonzept

 

    

Folgende Beschlussvorlage wurde dem Marktgemeinderat am 31.3.09 vorgelegt:  

 

 

Sachverhalt:

Bei der Sitzung des Ausschusses für Bürgerkultur und Stadtmarketing am 11. März haben sich folgende Büros vorgestellt:

1. Identität & Image, Eggenfelden (Prozessführung, Projektmanagement) mit Architektengemeinschaft Nadler & Sperk, Landshut (Städtebau) sowie Partnerschaft für angewandte Stadt- und Sozialforschung Heinritz, Salm & Stegen (Einzelhandelsstrukturgutachten)

2. SHL Architekten BDA, Weiden/Opf. (Prozessführung und Städtebau) sowie GMA Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung München (Einzelhandelsstrukturgutachen, Projektsteuerung)

3. Dr. Dürsch, Institut für Stadtentwicklung DIS, München (Prozessführung, Städtebau, Projektmanagement) mit Büro für Standort-, Markt- und Regionalanalyse Dr. Heider, Augsburg (Einzelhandelsstrukturgutachten)

4. ARC Architekten, Bad Birnbach zusammen mit Landschaftsarchitektur Brenner, Landshut (Städtebau, Federführung). Das BASIS-Institut stellt sich zu Beginn dieser Sitzung vor.

Der Ausschuss hat am 24. März die Eindrücke und Ergebnisse der Präsentation beraten. Es wurde dabei auch über die grundsätzliche Notwendigkeit und über den zeitlichen Ablauf gesprochen. Zur Frage der Notwendigkeit wurden den Fraktionssprechern inzwischen die Richtlinien übersandt.

In der Diskussion war deutlich geworden, dass der Verzicht auf die Erarbeitung des gesamtörtlichen Entwicklungskonzepts den Ausstieg aus der staatlichen Städtebauförderung bedeuten würde. Das Verschieben um ein Jahr würde die Verkürzung des Förderzeitraums um ein Jahr bedeuten. Dieser ist derzeit auf 4 Jahre vorgesehen, wobei eine Verlängerung um weitere 4 Jahre in Aussicht genommen ist.

Der Ausschuss hat vereinbart, dass die Verwaltung einen Vorschlag zur Auftragsvergabe vorlegen soll. Es wird folgende Auftragsvergabe vorgeschlagen:

A) Gesamtörtliche städtebauliche Entwicklungskonzeption

o (noch ungewiss)

B) Einzelhandelsstrukturgutachten

o Heinritz, Salm & Stegen München

C) Prozessführung, Projektmanagement

o Identität & Image Eggenfelden

Es handelt sich bei den Vorgeschlagenen um Büros mit großer Erfahrung, die von der Regierung der Oberpfalz für die Bewilligung der Zuwendung akzeptiert werden können.

Die Kosten für den gesamten Entwicklungsprozess, der auf etwa ein Jahr angelegt ist, werden wie folgt veranschlagt:

A) Städtebauliches Konzept ca. 21.000 €

B) Einzelhandelsstrukturgutachten 21.400 €

C) Prozessführung 35.300 €

Summe 77.700 €

 

Von diesen Kosten werden im Jahre 2009 etwa 45.000 Euro ausgegeben. Außerdem werden voraussichtlich für die Projektsteuerung weitere 5.000 Euro im Jahre 2009 kassenwirksam werden.

Es wird eine Förderung von 60 % aus dem Bund-Länder-Städtebauförderungs-programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ erwartet.

? In den genannten Kosten sind die Mehrwertsteuer und die Nebenkosten enthalten.

? Bei der Erarbeitung des Einzelhandelsstrukturgutachtens ist eine Befragung sämtlicher Einzelhändler, Dienstleister und gastronomischer Betriebe im Ortskern enthalten, so dass sich ein vollständiges Bild von der Situation und den Erwartungen der Schierlinger Einzelhändler ergibt. Außerdem werden 300 telefonische Haushaltsbefragungen gemacht, um die Situation des Einzelhandelsangebotes und des Bedarfs abzufragen.

Aufgrund dieser umfangreichen empirischen Erhebungen werden wichtige Erkenntnis für das gesamtörtliche Entwicklungskonzept erwartet.

? Bei der Erarbeitung des städtebaulichen Konzepts wird einer der Schwerpunkte die Bestandsaufnahme und Beurteilung von privaten Anwesen mit deren Entwicklungschancen im Ortskern sein. Dies ist mehr als bisher nötig, um dem Kooperationsgedanken des Programms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufzugreifen. Außerdem werden die Gemeindeteile betrachtet mir ihrer jeweiligen Funktion.

? Bei der Prozessführung ist zu bedenken, dass es in Schierling durch den Stadtmarketing- Prozess vor zehn Jahren eine große Erwartung an eine neuerliche umfassende Bürgerbeteiligung gibt. Die Rückkehr zu einer minimierten Beteiligung erscheint nicht mehr möglich zu sein.

Der Prozess für die Erarbeitung des gesamtörtlichen Entwicklungskonzepts wird mit einer Auftaktveranstaltung gestartet. Auch der Jugendtag am 1. August wird die kommunale Entwicklung als einen Schwerpunkt haben. Es handelt sich insoweit um eine altersspezifische Bürgerbeteiligung. Gerade diese Gruppe der Bürgerschaft ist nur schwer für eine Beteiligung zu begeistern. Mit dem Jugendtag soll eine wichtige Grundlage für das aktive Mittun der jungen Bürger gelegt werden. (Der Jugendtag kann nur mit der Förderung aus dem Städtebauförderungsprogramm umgesetzt werden.)

Schule für alle

TAZ vom 11. März 2009

Wohin gehen Bayerns Schüler

Schule für alle – in Bayern

Der Freistaat war die Bastion der ständischen Schule. Nun bilden sich Initiativen, und Gesamtschulen werden gefeiert wie Visionen. FDP: Wir fusionieren Haupt- und Realschulen zu etwas Neuem. VON BERNHARD HÜBNER

Die Trennung zwischen Gymnasium, Haupt- und Realschule ist nirgendwo in Deutschland so ein Dogma wie in Bayern.    Foto: dpa

Früher hätten sie in Bayern einen wie Wilfried Kretschmer erst ausgelacht und dann aus dem Saal gejagt. Doch an diesem Abend erzählt der Schulleiter aus Hildesheim auf einer Bühne in Kulturhaus von München Milbertshofen in aller Ruhe. An seiner integrierten Gesamtschule lernen die Kinder aller Leistungsstufen zusammen. Kretschmer wird gefeiert wie ein Visionär. Hinten zeigt der Projektor seine Robert-Bosch-Gesamtschule. Vorne steht auf Einladung des Vereins „Eine Schule für alle in Bayern“. Wilfried Kretschmer zuckt mit den Schultern. „Die integrierte Gesamtschule ist ein System, das es eigentlich überall gibt.“ Aus der letzten Reihe schreit ein Mann: „Außer in Bayern.“

Bisher nur Häme

für Gesamtschulen

Tatsächlich ist die Trennung zwischen Gymnasium, Haupt- und Realschule nirgendwo in Deutschland so ein Dogma wie in Bayern. Auf die unerbittliche Auslese, den Notendruck schon in der Grundschule, das besonders elitäre Gymnasium, war man hier jahrelang stolz. Im CSU-regierten Bayern blickte man mit Häme auf SPD-Länder, die mit Gesamtschulen experimentierten. Die Pisa-Studien, bei denen Bayern jahrelang ganz vorne lag, suggerierten den weiß-blauen Fans des dreigliedrigen Schulsystems: Wir sind Helden! Nur der Verein der Ingenieure wagte sich immer wieder mal anzumerken, dass Bayern für ein Hightech-Land viel zu wenig Abiturienten produziere. Mittlerweile aber heißt der Pisa-Tabellenführer Sachsen. Und dort werden die Kinder nur in zwei Schularten aufgeteilt. In Bayern laufen derweil den wenig attraktiven Hauptschulen die Schüler davon. In den vergangenen Jahren mussten im Freistaat 586 Hauptschulen schließen – aus Schülermangel. Bayerns dreigliedriges System, es fällt aus der Zeit.

„Es sind erste Risse in der Totalverweigerung zu erkennen“, findet Andreas Stüwe. Er ist Lehrer an einer Förderschule in München und Vorsitzender eines Vereins, der auch in Bayern das Undenkbare denkt. Mit „Eine Schule für alle in Bayern e. V.“ kämpft Stüwe für die Gemeinschaftsschule. Die Kinder sollen zehn Jahre lang gemeinsam lernen – bis zur Oberstufe. Den Stress vor dem Übertritt soll es nicht mehr geben, auch keine Angst vorm Durchfallen, das ist die Vision. In wenigen Monaten sind schon knapp hundert Lehrer und Eltern der Reformbewegung von unten beigetreten.

Derweil versucht sich ganz oben die bayerische Regierung an Neuerungen, die vor dem Ende der absoluten CSU-Mehrheit bei der Landtagswahl noch wenig Chancen gehabt hätten. Vergangene Woche beschloss die von CSU und FDP geführte Landesregierung ein neues Übertrittsverfahren von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen. In Zukunft werde es weniger Druck geben und mehr Förderung, verspricht der neue Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU).

Vom kommenden Schuljahr an gibt es auch im so entscheidenden vierten Schuljahr prüfungsfreie Lernphasen und eine Stunde Förderunterricht in der Woche. Auch Kinder, die an den anspruchsvollen bayerischen Mindestdurchschnittsnoten scheitern – fürs Gymnasium braucht es eine 2,33, für die Realschule eine 2,66 – bekommen, wenn es die Eltern wünschen, die Chance, der Hauptschule zu entfliehen. Wer in Deutsch und Mathe mindestens eine Vier schafft, darf zumindest probeweise für ein Jahr aufs Gymnasium oder die Realschule. Das werde „die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem weiter erhöhen“, jubelt Spaenle. Die Opposition sieht das entsprechend anders. Am Druck, der auf den Kindern laste, ändere sich praktisch nichts, bemängeln Grüne und SPD und empfehlen, was die CSU in Bayern noch strikt ablehnt, während es die CDU in Hamburg schon umsetzt: eine sechsstufige Grundschule.

Auf dem Informationsabend des Vereins „Eine Schule für alle“ in Milbertshofen würde so ein Vorschlag niemanden begeistern. Er wäre einfach zu mutlos. Auf der Bühne steht der Vereinsvorsitzende Andreas Stüwe, lächelt freundlich und meint: „Unser Schulsystem baut auf überkommenen gesellschaftlichen Strukturen und einem veralteten Begabungsbegriff auf.“

„Doof geboren ist keiner. Kinder sind neugierig“

Wilfried Kretschmer, der Gesamtschulleiter aus Hildesheim, findet: „Wir brauchen eigentlich nur die Natur zulassen, denn die Menschen sind von Natur aus neugierig.“ Ein Kinderchor singt das renitente 70er-Jahre-Lied „Doof geboren ist keiner“. Hans Well von den Biermösl Blosn sagt: „Des ist nimmer wie zu meiner Zeit“, und erzählt von seinem Vater, der sich als Dorfschullehrer nicht befördern ließ, weil es ihm so viel Freude machte, mit den Kindern zu singen.

Sabine Czerny ist eigentlich auch eine begeisterte Grundschullehrerin. Doch weil ihre Schüler zu gute Noten schrieben, bekam sie im vergangenen Sommer Ärger und wurde versetzt (die taz berichtete). Als sie an diesem Abend auf der Bühne das Mikrofon in die Hand nimmt, mag sie zu ihrem eigenen Fall nichts sagen. Aber ihr Urteil über die Situation an den bayerischen Grundschulen ist wenig optimistisch. „Proben und Notengebung haben einen Raum eingenommen, der alles erstickt.“ Der Verein „Eine Schule für alle in Bayern“ möchte daran etwas ändern – jenseits aller parteipolitischen Grabenkämpfe, wie der Vorsitzende Andreas Stüwe beteuert.

Doch auf den für Politiker reservierten Plätzen vor der Bühne sitzen an diesem Abend nur je eine Landtagsabgeordnete von SPD und Grünen. Von der Regierungsfraktion ist keiner gekommen. „Man kann noch nicht sagen, dass sich der Geist geändert hat“, meint Stüwe. „Aber immerhin ist die CSU mittlerweile bereit, Gespräche zuzulassen.“

So ist es weniger der politische Wille, sondern die blanke Not, die den Weg ebnet für einen großen Schritt in Richtung Gemeinschaftsschule. In Landstrichen, wo aus Schülermangel keine Versorgung mit Hauptschulen mehr möglich ist, sollen nach Plänen der Regierungskoalition Haupt- und Realschulen fusioniert werden. Es werden neue Schultypen entstehen, verkündete die FDP am Montag. Bislang sind solche Reformpläne gescheitert.

Mittelschule ist Ende der Hauptschule

Mittelschule ist Ende der Hauptschule

München, 12.10.2009

Völlig unbeachtet bleibt in der momentanen Diskussion um die Mittelschule, dass das Konzept der Schulverbünde unter dem Strich das Aus für die wohnortnahe Hauptschule bedeutet, so der Schnaittenbacher Bildungspolitiker MdL Reinhold Strobl (SPD): „Da wird diskutiert, ob und wie die so genannte Mittelschule realisiert wird, ohne auch nur zu fragen, wie denn eine Hauptschule ohne Teilnahme an den angeblich freiwilligen Schulverbünden überleben soll. Auch vom Ministerium selbst, das die ganze Sache angeblich zur Rettung der Hauptschule auf den Weg gebracht hat, ist dazu nichts zu hören.“

Aus den bisherigen Informationen sei nur zu erkennen, dass mit der Einführung der Mittelschulen und den Schulverbünden es eigentlich keine Hauptschule mehr gibt. Strobl: „Welche Gemeinde kann es sich denn da noch leisten, nicht Teil eines der angeblich freiwilligen Schulverbünde zu werden? Damit haben sie dann aus ihrer Hauptschule eine Mittelschule und die Kinder zu Fahrschülern gemacht. Die wohnortnahe Hauptschule ist damit passé. Das will nur niemand zugeben.“

Strobl, der in der vergangenen Woche eine entsprechende Anfrage im Bayerischen Landtag gestellt hat, sieht darin einen reinen Etikettenschwindel, bei dem Hauptschulen unter dem Deckmantel der Mittelschule praktisch abgeschafft werden. „Das exakte Gegenteil, von dem, was das Ministerium behauptet“, so Strobl. „Wer glaubt, die Schaffung von Schulverbünden und das Umbenennen der Haupt- in Mittelschule sei ein Wundermittel zum Erhalt der noch existierenden Hauptschulstandorte, der irrt sich gewaltig!“

GEW und Eltern gemeinsam für ein einheitliches Schulsystem

Pressemeldung
GEW Bayern

GEW und Eltern gemeinsam für ein einheitliches Schulsystem und längere gemeinsame Schulzeit

München, 11.08.2009

Seit langem fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ein Ende der Zuordnung von zehnjährigen Kindern an unterschiedliche Schularten und kritisiert den ausufernden Föderalismus im deutschen Schul- und Bildungswesen. Sechzehn zum Teil völlig verschiedene Schulsysteme, über die nicht einmal Spezialisten einen Überblick haben können, stiften Verwirrung, kosten unglaublich viel Geld und nutzen keinem Menschen.

„Wir sehen uns in unserer Kritik durch die gestern veröffentlichte repräsentative Umfrage von Forsa und „Eltern“ bestätigt: 91 % der befragten Eltern fordern eine bundesweite Vereinheitlichung des Schulsystems und zwei Drittel eine längere gemeinsame Schulzeit“, kommentiert Gele Neubäcker, Vorsitzende der GEW Bayern, die Umfrageergebnisse.

Fast 70 % der Befragten finden das Schulsystem veraltet und über die Hälfte würde ihr Kind auf eine Privatschule schicken, wenn sie es sich leisten können. Neubäcker: „Wenn so viele Eltern das Vertrauen in die öffentlichen Schulen verloren haben, kommt das einer Bankrotterklärung des deutschen Schulwesens gleich. Wir fordern Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker aller Bundesländer und aller demokratischen Parteien auf, umgehend zu reagieren und gemeinsam eine Schulreform auf den Weg zu bringen, die ihren Namen auch verdient: Eine gute Schule für alle Kinder und Jugendlichen! Eine solche Schule verzichtet auf das permanente Auslesen und Zuweisen – zugunsten einer individuellen Förderung aller Kinder und Jugendlichen. Wissenschaftliche Begründungen für eine solche Schule und Beispiele aus anderen Ländern gibt es in Hülle und Fülle.“

Grundschulabitur und Hauptschulsterben

Pressemeldung
GEW Bayern

Grundschulabitur und Hauptschulsterben

München, 22.10.2009

„Die Änderungen beim Übertritt von der Grundschule an Realschulen und Gymnasien haben den Auslesedruck verschärft statt ihn zu reduzieren“, resümiert Gele Neubäcker, Vorsitzende der GEW Bayern.

Laut Kultusministerium können mögliche Bildungswege nun „bereits am Ende der Jahrgangsstufe 3 reflektiert werden.“ Am 22. Juli verkündete das KM, dass in der 4. Klasse allein in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht von September bis April 22 Probearbeiten zu schreiben seien, „ein nicht zu unterschreitender Richtwert“. Am 20. Oktober ruderte der Kultusminister zurück. Jetzt stellt die Zahl 22 „eher die Obergrenze dar“.

Ob die Zeit von Mai bis Juli „probenfrei“ bleiben soll, oder ob die Kinder 30 und mehr Arbeiten schreiben sollen, bleibt offen.

Probearbeiten sind laut KM in der 4. Klasse mindestens eine Woche vorher anzukündigen, „um den Kindern die Möglichkeit zu geben, sich sinnvoll vorzubereiten. Dies reduziert den Leistungsdruck.“ In den Klassen 2 und 3 dagegen dürfen Probearbeiten nicht angekündigt werden. Da stellt sich die Frage, ob die „Kleinen“ keine Möglichkeit brauchen, sich sinnvoll vorzubereiten, sondern Leistungsdruck!

Neubäcker dazu: „Ich gehe davon aus, dass es KM Spaenle ein echtes Anliegen ist, den Auslesedruck zu reduzieren. Ich erwarte jetzt aber, dass er endlich zur Kenntnis nimmt, dass die getroffenen Maßnahmen genau das Gegenteil bewirken. Es ist derzeit gerechtfertigt, vom „Grundschulabitur“ zu sprechen.

Die einzige wirksame Sofortmaßnahme, die wirklich Druck aus der Grundschule nehmen könnte, ist, die Wahl der Schulart den Eltern zusammen mit ihren Kindern zu überlassen, begleitet von einer qualifizierten Beratung durch die Schulen!“

Die Kinder, die nach der Grundschule an die Hauptschule wechseln, trifft es hart. Sie werden zu Versuchspersonen einer von vorn herein zum Scheitern verurteilten Reform.

Seit mehr als 10 Jahren jagt ein „letzter“ Versuch, die Hauptschule zu retten, den anderen. Jetzt soll der neue (uralte) Name „Mittelschule“ die Agonie der Schulart verlängern. Sog. M-Klassen in den Jahrgansstufen 7 bis 9 – einst als Erfolgsmodell gefeiert – wird es nicht mehr geben. Geplante Schulverbünde werden dazu führen, dass Kinder und Jugendliche viel Zeit in überfüllten Bussen verbringen und verlieren, obwohl bekannt ist, dass solche Fahrten weder die Lernbereitschaft noch die Konzentrationsfähigkeit fördern. Auf die Schulträger kommen deutlich höhere Kosten zu.

Neubäcker: „Lernen sollen die Schülerinnen und Schüler v. a. das, was sie für eine spätere Tätigkeit brauchen. Die Hauptschule verkommt zu einer Zulieferschule für Industrie und Handwerk. Von Bildung um ihrer selbst willen, von musischer Bildung, von der Vermittlung von Kompetenzen, die helfen, die Welt zu verstehen, ist nirgends die Rede. Dies kann als menschenverachtende Politik interpretiert werden.

Wirfordern das KM und die Politik auf, endlich zu akzeptieren, dass das an der Gesellschaft vergangener Jahrhunderte orientierte bayerische Schulsystem keinen Platz in einer modernen Demokratie hat – und Konsequenzen daraus zu ziehen. Die Lösung ist eine inklusive Schule für alle Kinder in ihrem Wohnumfeld, in dem jedes Kind in seiner Würde und Persönlichkeit willkommen ist und gut gefördert wird!“

BLLV verabschiedet Resolution gegen Mittelschule

BLLV verabschiedet Resolution gegen Mittelschule

Kabinettsbeschluss sorgt für großen Unmut / Landesvorstand fordert Staatsregierung geschlossen dazu auf, schulartübergreifende RSE- Anträge zu erlauben

München, 09.07.2009

Der Kabinettsbeschluss zur Mittelschule hat im Landesvorstand des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) heftigen Widderstand ausgelöst. Das Gremium verabschiedete gestern eine Resolution in der das Vorhaben des Kultusministeriums als „kosmetische Korrektur“ bezeichnet wird. „Wir fordern die Staatsregierung erneut mit allem Nachdruck auf, die Anträge der zahlreichen Gemeinden, die ein tragfähiges pädagogisches und schulorganisatorisches Konzept entwickelt haben, zum Schuljahr 2010/2011 zu genehmigen, auch wenn sie schulartübergreifend sind. Das irrationale Festhalten an der Schulstruktur beschneidet die Bildungschancen der Kinder und schadet den Gemeinden“, heißt es in dem einstimmig verabschiedeten Papier.

Bisher habe keiner der zahlreichen Reformversuche dazu geführt, den dramatischen Schülerschwund und das massenhafte Schülersterben bayerischer Hauptschulen zu verhindern. Vielmehr hätten die Übertritte in Realschulen und Gymnasien gerade in den vergangenen fünf Jahren drastisch zugenommen. „Der vorliegende Kabinettsbeschluss zur Mittelschule ist aus Sicht des BLLV ein problematischer Versuch, die Hauptschule attraktiver zu machen.“

Neue Schulgründungen seien die falsche Antwort auf die demografische Entwicklung. In spätestens zehn Jahren werden an allen Schularten die Schülerzahlen sinken. Die Aufsplitterung der Schüler werde nur noch extremer, heißt es in der Resolution weiter. Der BLLV ist der tiefen Überzeugung, „dass mit einer weiteren Differenzierung der Hauptschule die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht bewältigt werden können.“ Dringend erforderlich seien integrative Modelle und eine längere gemeinsame Schulzeit.

„Mittelschulen und Schulverbünde können die Probleme des demografischen Wandels und des Schulsterbens nicht lösen. Im Gegenteil, es werden viele neue geschaffen: Mittelschulen führen zu einer Beschleunigung des Schulsterbens, weil sie große Schulstandorte mit einer Mindestgröße von 300 bis 400 Schülern besser ausstatten als kleine. Dies führt zu einem nicht akzeptablen Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Hauptschulen“, erklärte BLLV-Präsident Klaus Wenzel.

Auch in dem freiwilligen Zusammenschluss von Hauptschulen zu Schulverbünden sieht der BLLV- Landesvorstand keine geeignete Lösung, „da er organisatorisch an den meisten Schulstandorten nicht realisierbar ist und die Gemeinden in eine äußerst schwierige Konkurrenzsituation bringt.“ Außerdem sei das Modell mit erheblichen Fahrwegen und Kosten verbunden und zerstöre die innere Einheit der Schule.

„Wir rechnen damit, dass jede größere Kommune eine Mittelschule haben will. Das wird dazu führen, dass hunderte kleine Schulstandorte keine Wettbewerbschance haben und von der Landkarte verschwinden“, erklärte der BLLV-Präsident. Außerdem sei damit zu rechnen, dass Eltern von Schülern an kleineren Hauptschulen versuchen werden, ihre Kinder in die Mittelschule mit breiteren Förderangeboten zu schicken. „Auch das beschleunigt das Schulsterben der kleinen Hauptschulen.“

Die Folge ist die Entschulung des ländlichen Raumes mit katastrophalen Folgen für die betroffenen Gemeinden und erheblichen Nachteilen für die Schüler, die weite Wege in Kauf nehmen müssen und sich in großen und anonymen Schulen wiederfinden. Wenzel: „Die Alternative kann nur in der Regionalen Schulentwicklung (RSE) liegen – ohne dogmatisches Festhalten an der überkommenen Sortiermentalität. Im Kern geht es um den Erhalt attraktiver und wohnortnaher Schuleinheiten mit dem Angebot höherer Abschlüsse, insbesondere dem Realschulabschluss sowie die Abkehr von der frühzeitigen Aufteilung der Schüler.

RSE erhält Schulstandorte und erlaubt eine optimale Förderung aller Schüler. Sie lässt eine Höherqualifizierung aller Schüler zu, ohne unerträglichen Übertrittsdruck, ohne Entschulung des ländlichen Raums und ohne schulische Ghettobildung in den Städten.“

Die Resolution ist nachzulesen unter www.bllv.de

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